Gedanken zur Jahreslosung 2025
„Prüft alles und behaltet das Gute“ (1. Thessalonicher 5,21).
Liebe Mitglieder, liebe Freunde,
man könnte diesen Vers auch als rein humanistischen Apell an ein allgemeines Gutmenschentum missverstehen. Was ist daran so besonders christlich? Der Kontext macht’s!
Mit diesem Wort erinnert uns Paulus an unsere Prüfgewohnheiten, die von Christus geprägt sind. Christus selbst ist der Maßstab zum Prüfen. Also: „What would Jesus do?“
Wir denken beim Prüfen meist an den „Faktencheck“, d.h.: ich prüfe etwas, um es auf Fehler hin zu sichten und gegebenenfalls als falsch zu entlarven. Bei Paulus ist es gerade umgekehrt. Es geht hier nicht um das Entlarven von Fake, sondern es geht – wie er davor sagt – zunächst mal darum, dankbar zu sein für alles, dann erst zu prüfen, und erst ganz am Schluss kommt noch „Meidet das Böse in jeder Gestalt„. Zunächst kommt das Dankbarsein für alles. Das verändert die Perspektive.
Bei Paulus stößt man immer wieder auf dieses „Alles“. In der Jahreslosung für 2024 hieß es „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Kor 16,14). Es geht also um unsere gesamte Existenz als Christen, nicht bloß um einzelne Aktionen, dass ich mal nett karitativ wirke oder nett bin zum Nachbarn, sondern dass mein ganzes Leben diese Liebe ausdrückt. Im Kontext der Jahreslosung 2025 taucht dieses „Alles“ vorher schon auf: „Dankt für alles, denn das ist der Wille Gottes für euch in Jesus Christus.“ (1.Thess 5,18). Also: Gott gibt uns eine ganze Menge Möglichkeiten, die wir erstmal annehmen dürfen – ganz ohne Berührungsängste.
Im ersten Korintherbrief sagt Paulus dann weiter: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles nützt mir.“ (1. Kor 6,12). Das ist schon wieder ein geradezu provozierendes Wort. Wenn ich einem Christen sage: Alles ist dir erlaubt, du darfst eigentlich alles. Aber guck auch danach, ob es dir und der Gemeinde nützt. Bewirkt es Segen Gottes für die Menschen?
Dann gilt es noch zu prüfen, was „Macht über mich hat“. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben. Genau hier beginnt der „Prüfauftrag“. Wir Christen haben die Aufgabe, zu differenzieren zwischen allem, das wir machen können, und dem, was wirklich gut tut und gottesgemäß ist. Für uns und andere.
Die Sache mit dem „prüfen“ kommt übrigens schon im AT vor, zum Beispiel in Ps 7, 10: „Gott, du prüfst Herz und Nieren“. Also Gott prüft den Menschen – seine Motivation , sein Tun.
Auch Paulus sagt in 1.Thess 2,4: „Wir predigen nicht, um euch irrezuführen (…), sondern wir tun es, weil Gott uns geprüft und uns das Evangelium anvertraut hat, nicht also um den Menschen, sondern um Gott zu gefallen, der unsere Herzen prüft.“ Und er schreibt dann weiter im Galaterbrief: „Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk.“ (Gal 6,4) Das ist eine spannende Perspektive. Denn wir sind es ja vielfach gewohnt, andere auf den Prüfstand zu stellen, was sie taugen und können. Bei Paulus sind wir die Prüflinge, die von Gott geprüft werden und die sich selbst prüfen sollen. Und dann geht er weiter: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!“ (Rö 12,2). Menschen prüfen also sich selbst am Willen Gottes.
Im ersten Petrusbrief, wird dann der Glaube verglichen mit Gold, das im Feuer geprüft wurde (1. Pt 1,7). Auch hier: dieses Prüfen ist nichts Schlimmes, nichts Negatives. Ich kann da nicht durchfallen. Sondern es ist eine positive Zumutung Gottes! Das Prüfen zeigt mir, wo mein Glaube wirklich Substanz hat. Alles Beiwerk, alle Ergänzungen, die nicht Jesus-mäßig sind, werden die Feuerprobe nicht bestehen.
Was ist denn das „Gute“?
Es geht um das, was dem Einzelnen und der Gemeinde gut tut. Fördert es die Christus-Beziehung? Das „Gute und Richtige“ ist für Paulus weniger die einzelne Handlung, sondern die Grundorientierung: Gott ist in Jesus Christus Mensch geworden. Und sein beispielhaft gelebtes Leben, sein Evangelium, zeigt uns den richtigen Weg. Das Prüfkriterium ist immer der Christusglaube. Paulus sagt: Jeder, der Christus bekennt als den, der wirklich Mensch geworden ist, der im Fleisch angekommen ist, der verkörpert das Gute und das Richtige. Das Gute, nämlich das Christusbekenntnis, das behaltet auf jeden Fall, und alles andere prüft getrost daraufhin, ob es aufbaut, ob es der Gemeinde gut tut.
Euer Pastor Georg Schierling
Nach einem Artikel von Anne Kampf und Wolfgang Baur auf www.evangelisch.de